Eine musikalische und kulturelle Erlebnisreise an den Rhein

kraftwerk_teaserSigge-Rocktours hatte Karten für zwei Abende  der Kraftwerk-1234568 Konzertreihe,  Nummer 4 (DIE MENSCH-MASCHINE von 1978) und Nummer 5 (COMPUTERWELT von 1981) in Düsseldorf ergattern können.

Kraftwerk, aus Düsseldorf kommend und die ultimativen Wegbereiter für viele Musikgenres von heute, haben mit Ihrer musikalischen Kreativität  von vor über 30 Jahren Zeitgeschichte geschrieben die mich und viele andere, immer noch begeistert. Eine Band die von „überholten“ Zukunftsträumen singt, klingt heute aktueller den je. Das macht auch heute noch Ihre Authentizität aus.

An 8 Abenden führen Sie Ihre Alben (ab Autobahn) in chronologischer Reihenfolge auf und spielen zusätzlich ein zweites  Set je Abend, das gern als „Best of“ bezeichnet wird.

Meine letzten Kraftwerkkonzerte waren 2004 und meine Vorfreude war enorm. Natürlich ist es auch der „Hauch der Exklusivität“ mit nur knapp 800 Menschen in einer Kunsthalle die Klänge, Beats, Geräusche und Videoinstallationen in 3D erleben zu können.

Am Morgen des  16. Januar 2013 fuhr ich gut gelaunt und voller Vorfreude mit der S-Bahn zum Flughafen Tegel. Unter der „Mission Kraftwerk- Die Mensch-Maschine“ wollte ich es natürlich nicht machen und Henning und Arne verfielen in den gleichen Sprachduktus beim „texting“ , der Roboterhaft daherkam und alle Kraftwerk-affinen Begriffe beinhalten musste. Fotos mit allen Kraftwerk Assoziationen wurde geknipst und getauscht und somit war der richtige „Flow“ kaum zu überbieten. Herrlich!

Meine Beste, die in Berlin verweilen musste, bat mich doch, nicht weiter „zu maschiniseren“ Toll! Großartige Replik! Diesen Wunsch konnte ich Ihr (natürlich) nicht in Gänze erfüllen.

Ich war selbstverständlich pünktlich am Abflugort und begab mich rasch an meinen Abfertigungsschalter. Es war noch genügend Zeit und ich griff zur frei verfügbaren Zeitungslektüre und trank zu schnell meinen heißen Kaffee. Mein Telefon summte und ich bekam eine E-Mail von der Lufthansa. Oh, dachte ich, bestimmt „Gute Reise“ und „Wir hoffen Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen“, diesmal schon vorab. Doch nein, just in dem Moment, wo ich mir die Zeilen anschauen wollte, ertönte eine nette Stimme aus dem Off und teilte uns mit, dass die (unsere) Maschinen in Düsseldorf noch nicht mal los geflogen seien. Winter, Schnee und Eis. Verzögerungen. Die E-Mails der Lufthansa kamen nun im „Minutentakt“ und sie entschuldigten sich immer sehr aufmerksam und versüßten uns die über 2-stündige Verzögerungen mit einem 10 Euro Erfrischungsgutschein. Die Menschenschlange war so lang, dass ich davon Abstand nahm, mich dort anzustellen. Als wir endlich an Bord des A320 waren und ich keine Befürchtungen mehr hatte, den Katalogabend #4 zu verpassen, begrüßte uns Commander Behrens recht herzlich und sagte, dass es sofort losgehe. Die ganzen Geschäftsreisenden mit Ihren  säuerlichen Minen konnte das nur bedingt zufrieden stellen.

Doch, so schnell geht das nicht!

Nach weiteren 15 Minuten an Bord knarzte das Bordmikro und die vertraute Stimme von Commander Behrens ertönte erneut. Er sagte uns, dass ER schon sehr gern los geflogen wäre, aber- und nun kommt es- die TECHNIK hat versagt!

Der COMPUTER am TOWER TEGEL ist abgestürzt und ER hat keine Freigabe die MASCHINE zu bewegen und uns sicher nach DÜSSELDORF zu bringen.

Er sagte uns weiterhin, dass er nun „alles VON HAND“ macht und aufs ROLLFELD fahren darf und bis dahin die TECHNIK am TOWER wieder funktionstüchtig sein soll! Oder so.

Fantastisch! Der MENSCH im Mittelpunkt des Geschehens. Commander Behrens übernehmen Sie!

TECHNIK, MENSCH, MASCHINE, DATEN, ZAHLEN, COMPUTER

Wir landeten sicher in Düsseldorf.

Henning und Arne  griffen mich mit dem Auto am A1, Gate 82 auf und wir fuhren zu Freunden von den beiden, wo wir die kommenden 2 Tage nächtigen konnten. Es war sehr angenehm, herzlich und zuvorkommend.

Um 18:30 Uhr kamen wir an der Kunstsammlung NRW/ K 20 Grabbehalle an und begaben uns zum Eingang.

Unsere DATEN wurden geprüft, NUMMERN verglichen, CODES gescannt und 3D Brillen verteilt. Erst dann durften wir durch die Drehflügeltür ins warme Innere und ein Lächeln huschte über unsere Gesichter: Geschafft!  Die Merchandising Stände waren gut ausgestattet und die bekannten Kraftwerkmotive auf CD´s LP´s, Beuteln, Shirts, usw. luden zum Kauf ein.

Die Vorraum zum Konzertsaal füllte sich rasch und auch Fans im legendären Mensch- Maschine -Cover Outfit  waren auch vor Ort. Ich finde das toll und stilistisch perfekt.

Gegen 19:20 Uhr öffneten sich die Türen und wir betraten die „heilige Halle“. Diese war sehr schmal und sichtbar lang.

Pünktlich um 20 Uhr ertönte das bekannte Roboter-verzerrte Sprachintro von Kraftwerk „Meine Damen und Herren, Ladies and Gentlemen, heute Abend die Mensch-Maschine Kraftwerk“ und der Vorhang fiel zu Boden und die 4 Musikarbeiter in Gitternetz Anzügen standen LEIBHAFTIG hinter Ihren Pulten. Der Jubel war groß und wir richteten unsere 3D Pappbrillen und spürten, Teil von etwas Besonderem heute Abend zu sein!

Kraftwerk Düsseldorf 16.1.2013 Man Machine

Der Abend wurde mit Mensch-Maschine eröffnet und die 3D Grafiken waren (den gesamten Abend über) atemberaubend. Ein großartiges  Spacelab folgte und man musste sich, ob der aus dem All nach Düsseldorf einfliegendem Raumstation fast wegducken, so authentisch kam dieser 3D Effekt herüber. Einer meiner Lieblingsstücke von der ´78 LP „Metropolis“ folgte und es wummerte im Eck und Animationen aus Betonhochburgen waren auf der Leinwand zu sehen. 1,2,3, 4…“ Das Model“ und  ein großartiges Neonlicht folgten und zum Abschluss der konzertanten Aufführung, der sicherlich zweitbekannteste Song von Kraftwerk Die Roboter. Für mich an diesem Abend mit die besten Videoanimationen, die überwältigend auf die Leinwand „einflogen“. Die Arme der „menschlichen Doppelgänger“ waren gefühlt bis an das Ender Halle greifbar, die Wucht welche die 4 „Musikarbeiter“ mit „menschlichem Ansatz“ dort in vielen Variationen entfalteten, war umwerfend.

Kraftwerk Düsseldorf 16.1.2013 Die Roboter

Das Album in kompletter Länge am Stück zu hören-wenngleich die Reihenfolge von  „Die Roboter“ und „Die Mensch-Maschine“ vom Original vertauscht wurde- war ein überwältigender Moment. Wir schauten uns nach gut 35min an und nickten mit den Köpfen, so als ob wir uns sagen wollten: Wahnsinn, oder? Leider fehlten, wie noch 2004, die „echten Roboter“ bei „Die Roboter“, die hinter dem Pult stehen. Doch das ist wohl der „Dramaturgie“ des Konzertes geschuldet. Sei´s drum.

Der 2. Set eröffnete mit „Autobahn“ vom gleichnamigen ´74 Album welches an diesem Abend-trotz schon gekürzter 13min- ein wenig „Längen“ hatte. Tollen Animationen. Und er rollt und rollt und rollt.

Kraftwerk 16.1.2013 - Autobahn

Radioaktivität in der „Fukushima“ Version folgte und Ralf Hütter war in Teilen Japanisch am Mikro zu hören. Nicht schlecht.

„Stoppt Radioaktivität für dich und mich im All entsteht, weil´s um unsere Zukunft geht. Strahlentod und Mutation durch die schnelle Kernfusion“

singt Ralf Hütter.  Energiewende!

Kraftwerk 16.1.2013 - Fukushima

Trans-Europa- Express wie immer einer der Höhepunkte eines Kraftwerkkonzertes, schloss sich an, wenngleich mir die „realen“ Filme zur 2004 Tour fehlten und ich diese vermisst habe.  Zweifellos sind die Grafiken, welche zurzeit im Set sind auch toll, aber ich finde den Bezug zu den „wirklich existierenden“  DB-Zügen aus den 70igern gelungener. Metall auf Metall, 2004 noch dampfend und metallisch mit dem Aufeinanderstoßen der Dampflok Puffer visuell in Szene gesetzt, wurde nur kurz gespielt. Schade.

Dann kam Schaufensterpuppen vom ´77 Album „Trans –Europa-Express“, einen Song den ich bis dato noch nicht live gesehen und gehört hatte. Ein weiterer Höhepunkt an diesem Abend. Perfekt  visualisiert jedoch nicht in der Originallänge von über 6min gespielt. (knapp 4min)

Das „Computerwelt“- Album wurde an diesem Abend auch fast komplett dargeboten. Lediglich „Taschenrechner“ fehlte. Computerliebe hatte ich zum ersten Mal live gehört- Herausragend!

Nummern, Zahlen, Handel, Leute.

Tour de France, ein Album was ich nicht zu meinen Lieblingsalben von Kraftwerk zähle, bestach an diesem Abend und überzeugte vollends  auch  dahingehend, mich nochmals intensiver mit der Platte  zu beschäftigen. Es hat mich begeistert. Die dazugehörigen Filme und den Rennen aus den 50igern waren erneut äußerst beeindruckend.

Kraftwerk Düsseldorf 16.1.2013 Tour de France

Planet der Visionen, Boing Boom Tschak und Technopop folgten. Das Konzert wurde traditionell mit Music Non-Stop beendet, wo jeder der 4 Kraftwerker ein „Solo“ an den Tasten hat und dann einzeln die Bühne verlässt und sich im Licht-Spot bedankt und verneigt. Die Grafiken sind bei diesem Song besonders eindrucksvoll und ich bin immer wieder begeistert insbesondere dann, wenn die Animationen diese kurze, wippende kaum wahrnehmbare Bewegung vollführen. Anschauen!

„Gute Nacht“ sagt Ralf Hütter und das Konzert ist nach gut 2 Stunden zu Ende. Wow! Ein unvergessenes Erlebnis.

Wir sprachen noch lange an dem Abend bei dem einen und anderem „Düsseldorfer-Alt“ über das Konzert und teilten all unsere persönlichen Konzerterlebnisse, Wahrnehmungen, Fragen, Antworten untereinander und waren froh, dass wir noch einen weiteren Abend „gebucht“ hatten.

Bevor wir jedoch im „Ohme Jupp“ eingekehrt sind, hatten wir noch das Glück, rein zufällig neben der Grabbehalle, Falk Grieffenhagen zu treffen. Er ist der neue „4.Mann“ und Video Operator, ganz rechts stehend. Es war bitterkalt und mit einem Rucksack über der Schulter war er auf dem Weg heim, als er uns noch ein Autogramm gab. Sein Schmunzeln sprach Bände. Sehr sympathisch, was auch im Konzert deutlich wurde.

Autogramme Kraftwerk

Es sind doch MENSCHEN. Ganz sicher?

Den freien Tag vor dem Katalogabend #5, verbrachten wir im NRW Forum Düsseldorf: „Kraftwerk-Roboter“ – Fotografie Peter Boettcher. Diese war recht gut und übersichtlich. Ein schönes Foto vom Tempodrom Aufritt 2004 fand sich auch unter den Exponaten.

Ausstellung Peter Boettcher

Einen  Abstecher zur Ausstellung von Andreas Gursky im Museum Kunstpalast bot sich örtlich aber auch thematisch förmlich an. Die Ausstellung ist jedem nur wärmstens ans Herz zu legen und viele großartige Arbeiten sind dort zu besichtigen. Glück gehabt