Bei der ersten Terminankündigung für das Kraftwerk Konzert in Bonn zu Ehren des 250. Geburtstags von Ludwig van Beethoven in Bonn für den Mai 2020 war die Berliner Fraktion des SRT-Teams noch zurückhaltend. Fast schon zu viele Kraftwerk-Konzerte hatte man in den letzten Jahren besucht. Nach der ersten Verschiebung auf 2021 schlugen dann auch die Berliner zu, und sicherten sich Karten. Es sollte noch zwei weitere Verschiebungen geben, bis das Konzert dann tatsächlich über die Bühne ging. Die letzte Verschiebung fiel ausgerechnet auf einen runden Geburtstag des Autors, was vieles erleichterte, bzw. aufwändige Partyplanungen im Keim erstickte. So gab es einen Geburtstagsausflug nach Bonn.
Beethoven
Während auf der Bühne kein Wort über Ludwig van verloren wurde – es wurde eh kaum etwas gesagt – stolperte man in der Stadt ständig über ihn. Man stellte das Auto im Beethoven-Parkhaus ab, übernachtetet – wie hunderte andere Kraftwerk-Fans – im Motel „Beethoven“ und kam auf dem Weg in den Hofgarten an seinem Geburtshaus vorbei.
Bei sommerlichem Wetter fanden sich hier rund 25.000 Fans ein und mussten erstmal warten. Einlass 18 Uhr, Beginn 21 Uhr, keine Vorgruppe. Zum Glück spendete die Bühne etwas Schatten.
Wir waren früh vor Ort, ergatterten Bändchen für den Front of Stage Bereich und sicherten uns einen mittigen Platz knapp 20m von der Bühne entfernt. Insgesamt versammelte sich rund 25.000 Zuschauer im Hofgarten.
Um 21 Uhr wurde es langsam dunkel und es durfte angezählt werden.
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Mit Numbers starteten Kraftwerk in ein Set, dass sich auf der kurz zuvor beendeten Nordamerika-Tour und einigen Festivalauftritten in Europa bewährt hatte. Zum Glück hatten wir uns im Vorfeld gar nicht so dafür interessiert und erlebten so eine auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche Setlist mit einigen Neuerungen.
Nach dem erwartbaren Anfang mit Nummern, Computerwelt, Heimcomputer und It’s More Fun to Compute folgte unerwartet Ätherwellen, das zu unserer Überraschung in Kombination mit einem (alten) „neuen“ Song, der wohl den Namen Tango trägt und bereits um die Jahrtausendwende ein paar Mal gespielt wurde.
Auch Electric Café schaffte es in die Setlist dafür fehlten uns die Schaufensterpuppen. Sonst war alles von Autobahn, übers Model bis hin zu Radioaktivität vertreten.
Tour de France
Die Tour de France-Sektion kam in sehr kompakter Form daher, irgendwie fehlte einem Aéro Dynamik oder zumindest ein paar Vitamine.
Dafür gab es die lange Version vom Trans Europa Express inklusive Metall auf Metall und Abzug, sowie dem Treffen David Bowie und Iggy Pop.
Roboter
Nachdem der TEE den Hofgarten verlassen hatte, gingen die vier Musikarbeiter von der Bühne. Ohne Vorhang auf der Open-Air Bühne stellte sich nun die Frage, ob, und wie die Roboter auf die Bühne kommen. Sie kamen erstmal gar nicht.
Die Roboter wurde vor leeren Pulten gespielt. Lediglich auf der Leinwand tauchten sie auf. Merkwürdig. Doch dann endete der klassische Song und ging in einem neuen Abschnitt Robotronik genannt über. Die Leinwand fuhr ein Stück hoch und plötzlich tauchten die Roboter dann doch auf.
Neu war auch das etwas getragener Intro der Schlussphase, Non Stop, genannt. Gut, dass man sich vorher keine YouTube-Videos oder Mitschnitte der aktuellen Tour angehört hat.
Bass
Wie schon beim Open Air Konzert in Düsseldorf hatten Kraftwerk eine PA aufgefahren, die zu Großem in der Lage war.
Über und neben der Bühne waren zahlreiche Line-Array aufgehängt, vor der Bühne standen große Bassboxen.
Mehrere Türme mit Line-Arrays, die sowohl nach vorne als auch nach hinten ausgerichtet waren, säumten den Hofgarten links und rechts bis in die hinterste Ecke. So war es möglich, die Wellenfeldsynthese mit der man Soundeffekte durch den Raum wandern lassen kann, auch im Hofgarten zu realisieren.
Vorne konnten wir nur grob ahnen, was das Soundtechnisch hinter uns durch den Hofgarten fegte, beispielsweise wenn der TEE von rechts vorne nach links hinten durch den Park rauschte. 3D war demnach nicht nur optisch, sondern auch akustisch gegeben.
Sehr beeindruckend war der Bass, der zum ersten Mal bei der Mensch Maschine den Magen massierte. An den Vorabenden Spielten die Fanta 4 und Deichkind auf der gleichen Bühne und nutzten die gleiche Anlage. Ob sie dabei soweit aufgedreht wurde, wie an diesem Abend, kann ich nicht beurteilen. Ein unglaublich klarer Sound mit mächtigem Bass prägte den Abend. Ralf Hütters Stimme ging in diesem Gewitter teilweise etwas unter.
Zum Beginn von Die Roboter übertrieb es irgendwer an den Reglern. Der Bass war unglaublich und plötzlich zog irgendwer verschreckt die Regler wieder drastisch zurück und passte den Sound langsam wieder auf Normalniveau an. Aber genau das lieben wir ja an der Mensch-Maschine: die menschlichen Fehler.
Warte mal
Das Warten hat sich definitiv gelohnt. Die fünf Jahre seit unserem letzten Kraftwerk Konzert, die die knapp drei Jahre vom Ticketkauf bis zum Konzert und auch die fast drei Stunden im Bonner Hofgarten, bis uns endlich mit Einbruch der Dunkelheit die Mensch-Maschine Kraftwerk angekündigt wurde. Der Hunger auf ein Kraftwerk-Konzert war wieder voll da, ohne große Erwartungen war es leicht, diese zu übertreffen. An einem lauen Sommerabend, in einer Stadt voller Kraftwerkfans auf einem wunderbaren Kraftwerk Konzert seinen Geburtstag zu feiern ist nicht die schlechteste Wahl.
Setlist:
Nummern
Computerwelt / Computerwelt 2
Heimcomputer / It’s More Fun to Compute
Spacelab
Ätherwellen
Tango
Die Mensch-Maschine
Electric Café
Autobahn
Computer Liebe
Das Modell
Neonlicht
Radioaktivität
Tour de France / Chrono / Étape 2
Trans Europa Express / Metall auf Metall / Abzug
Die Roboter / Robotronik
Planet der Visionen
Non Stop / Boing Boom Tschak / Music Non Stop
