I Am Kloot im Postbahnhof
I Am Kloot kamen im Rahmen der Veröffentlichung Ihrer 20 Songs umfassenden Live CD Hold Back the Night (Tour 2013) an den Ort zurück, wo sie vor 10 Jahren Ihr erstes Berlin Konzert gegeben haben.
Der Postbahnhof am Ostbahnhof ist inzwischen zu Ihrer Berliner Konzert-Heimat geworden, so in etwa wie Ihr Stammpub in Manchester, in den man regelmäßig einkehrt um sich bei dem einen oder anderen Pitcher die Geschichten des Alltags von Glück, Trauer, Liebe und Verlust zu erzählen. Lebenserinnerungen und Lebenserfahrungen. Oft am Rande des Abgrunds. (To the Brink)
So auch an diesem Donnerstag, als wir uns zu John Bramwell, dem Songwriter, Gitarristen und Sänger von I Am Kloot und seinen Mannen an den Tisch setzen durften und seinen, in Lieder verpackten Worten, lauschen konnten. Sein liebenswerter mitunter “prolliger” Charme den er ausstrahlt, zieht uns unablässig in seinen Bann, seine wunderbar rauchige, knarzige und womöglich von unzähligen Pub Besuchen gezeichnete Stimme, baut eine atmosphärisch dichte Stimmung auf, die von Pete Jobson´s Bass (erstmals und ausschließlich im Stehen gespielt) und Andy Hargreaves großartigem Schlagzeugspiel eingehüllt wird.
Es war ein fantastisches Konzert und für mich das Beste von meinen bisherigen 5. Das lag unter anderem auch daran, dass sie auf dieser Tour Ihre Songs nur zu dritt spielen. Ich empfinde das live als richtige und wichtige Entscheidung. Das Verzichten auf Bläser, Keyboards und zusätzliche Gitarristen wirkt sich nicht negativ auf den Sound und die Stimmung aus. Im Gegenteil, es destiliert die große Stärke, die Ursprünglichkeit, das wesentliche Ihrer Songs heraus. Selbst die Lieder Ihres musikalisch opulenten Meisterwerkes Northern Skies funktionieren ohne die großen Orchester Arrangements.
Das sich I Am Kloot durch kein Best of- Set „schummeln“ sondern auch den Songs Ihres Frühwerks viel Raum einräumen, war ein weiterer positiver Aspekt dieses unvergessenen Abends. Sie spielten ein 25 Songs umfassenden Gig (davon 10 von Hold back the Night) der mit unzähligen Höhepunkten aufwartet wie z.B. Cuckoo, Gods an Monsters, This House is Haunted, Strange Without You, Because, Over my Shoulder, Life in a Day, Northern Skies, Same Deep Water as Me um nur einige zu nennen.
Und dann, als wenn die Emotionen nicht schon genug am überlaufen wären, immer wieder diese zusätzlichen Gänsehautmomente, als nur John Bramwell an der Gitarre im diffusen Publicht seine Songs singt. So auch wieder an diesem Abend als er I Still Do und At the Sea herzergreifend ins Mikro haucht. Grundehrlich und überzeugend.
Wie so oft beendeten sie mit den wunderbaren Twist und Proof von Ihren ersten beiden Alben Ihr umjubeltes Konzert. Sie sind einfach eine tolle Live-Band und schaffen es unvergleichlich gut, den Spagat zwischen einem druckvollen Indie-Rock und den leisen, sanften Akustikmomenten auszufüllen.
Das letzte Guinness ist geleert. Die Tür fällt sanft ins Schloß. Die regennasse Strasse glitzert im Licht. Der hochgestellte Jackenkragen bewahrt all die schönen Gedanken und Gefühle der letzten Stunden. Danke John, Pete und Andy für diesen Abend mit euch.
Der Mond steht hoch. Er leuchtet uns den Weg.
Hier die Setlist:
Motorama im Magnet
Am Freitag ging die musikalische Reise weiter. Der stattbekannte Karrera Klub veranstaltete im Rahmen des Indie Kollektivs das Konzert der russischen Band Motorama im Magnet Club. Diese kam für eine Handvoll von Konzerten nach Deutschland um Ihr neues Album Poverty zu präsentieren. Endlich stand auch Berlin auf dem Tourplan und somit konnte ich diese Band zum ersten mal live erleben.
Man kann im Nachhinein trefflich darüber diskutieren woran es lag, dass es ein gutes in Teilen sehr gutes aber für mein Empfinden kein überragendes Konzert war. Lag es an der nicht vorhandenen Bindung zum Publikum? Ist die spürbare Zurückhaltung ein Ausdruck von unendlicher Schüchternheit? Liegt es an den Songs? Der derzeitigen Setlist? In den sozialen Netzwerken wurde auch darüber diskutiert, ob das Fehlen der 2. Gitarre aufgrund die Abwesenheit der Bassistin (die Nachwuchs von Vladislav Parshin erwartet) eine Qualitätseinbuße bei den Konzerten bedeutet?
Ich weiß das nicht, da ich Motorama nie zu fünft gesehen habe und es wird sicher auch nicht die eine Antwort geben. Unbestritten dürfte jedoch der Eindruck bleiben, dass die 75min immer ein wenig gehetzt wirkten. So wechselten sich Vladislav Parshin (Sänger, Gitarrist) und Maxim Polivanov (Gitarre) regelmäßig am Bass ab und alles musste (oder sollte?) in Sekundenschnelle geschehen. Zum Luft holen war keine Zeit. Zack auf Zack wurden die Songs präsentiert.
Aber, völlig egal, sie haben viele Ihrer großartigen Hits präsentiert wenngleich ich mir den einen oder anderen von Ihrem grandiosen Debüt Alps (Hunters, Wind In Her Her, Normandy) gewünscht hätte. Jammern auf hohem Niveau. Der fast ausverkaufte Magnet wippte, hüpfte und war ständig in Bewegung. Besonders gefreut hat mich, dass sie To the South gespielt haben, meinen Lieblingssong von Ihrer Calendar LP. Die neuen Songs, allen voran Red Drop, Heavy Wave und Lottery waren ebenso absolute Höhepunkte des Abends.
Bei den Songs Alps und During the Years (großartiges Keyboard) flippte Vlad Parshin dermaßen aus und legte all die russische Bescheidenheit ab, so dass ich Befürchtungen hatte, dass er mit dem wuchtigen Gitarrenumherwirbeln seinen von Ihm seitlich stehenden Keyboarder einen Kopf kürzer macht. Puh, es war mitunter ziemlich knapp. Alles nochmal gut gegangen.
Der Drummer war äußerst präzise und sehr gut und das Keyboard spielte all die fröhlichen Melodien die die Songs von Motorama so einzigartig machen. Ich hätte es gut gefunden , wenn die Gitarre mitunter etwas präsenter abgemischt gewesen wäre und nicht dem Keyboard so bereitwillig den Platz überlassen hätte. Aber, es ist eben auch der Bass der den Sound der Band aus Rostow am Don deutlich prägt. Das war sehr schön, auch hörbar.
Nicht auszudenken, wenn sich erst der Nachwuchs im Backstage Bereich tummelt und auf das Ende des Konzertes und die Rückkehr seiner Eltern wartet.
High Five!
p.s. ich habe mit Vlad vor und kurz nach dem Gig noch ein paar Worte in seiner Landessprache gewechselt und er signierte mir das tolle Tourposter. Er betonte aber sofort, dass er „nicht [so gut] Deutsch spricht“ Ich lächelte Ihn an und sagte: Nitschewo! Super Typ und sehr freundlich und nett.
Ich freue mich auf alle kommenden Motorama Konzerte in der Stadt!
Best Coast im Bang Bang Club
Zum Abschluß der kleinen innerstädtischen Konzertreise fand ich mich am Samstag Abend im Bang Bang Club in Kreuzberg ein.
Dort spielten Best Coast ihr einziges Deutschlandkonzert. Mit dem neuen Album California Nights im Gepäck hoffte ich, dass sie mich mit auf Ihre Reise am Big Sur mitnehmen. Der Guardian hat es wohl treffendsten formuliert wenn es um die Genre Zuordnung Ihrer Musik geht: “like a lo-fi 60s garage rock and surfing band fronted by a girl group singer”. Best Coast kamen gegen 21 Uhr auf die Bühne, nachdem die Band Gurr einen formidablen Opener abgab. Kann man weiterempfehlen.
Bethany Cosentino und Bobb Bruno, die 2 Gründer von Best Coast, wurden an diesem Abend von Ihren 3 Tourmusikern an Bass, Gitarre/Keyboard und Schlagzeug begleitet. Sie spielten sich für mein Empfinden sehr routiniert durch Ihren 20 Song Set welcher schon gut aber nicht in Gänze einnehmend war. Was mitunter fehlt, ist die Abwechslung, das überraschende Element, die Ecken und Kanten, die die Stimmung, in die man sich fallen lassen möchte, über eine Länge von 75 Minuten am „köcheln“ hält und somit das Ganze spannender macht.
Das Konzert hatte dann doch schon seine Höhepunkte insbesondere dann, wenn die fluffigen Melodien flott und durch Bobb Bruno´s Hooklines einprägsam den Dreh bekommen, die den unverwechselbaren Best Coast Sound ausmachen. Die langsameren Nummern fand ich fast allesamt schwächer. Mancher Ihrer neuen Songs ging an mir vorbei ohne das ich jedoch sagen kann, den schlecht gefunden zu haben. Aber hängengeblieben sind einige auch nicht.
9 der 12 neuen Stücke wurden von California Nights gespielt, wobei ich So Unaware (schöne Hookline die live noch besser als auf Platte war), Heaven Sent (super!), Fine without you (einer der besten Songs an dem Abend) und Jealousy erwähnenswert finde.
Natürlich und wie so oft, sind es die alten Hits die den Abend dann doch noch „retten“. Crazy for you, Boyfriend, When I´m with you, The Only Place waren allesamt Songs auf die die meisten Besucher gewartet haben.
Auf der großen Welle sind sie an diesem Abend für mich nicht geschwommen und manche Wolke schob sich vor die strahlend kalifornische Sonne. 7/10 Punkten.
p.s. für die kleine Gossip Ecke bei Sigge Rocktours: den Song I Dont Know How hat Bethany Cosentino augenscheinlich ( sic!) dem Tourgitarristen Joseph Bautista gewidmet, den Sie, bevor sie den Song sang, mit dem bekannten Fingerzeig an die Augen ( „Ich seh dich“) einleitete. Oha!
Hier die Setlist: