War es das? Das möglicherweise letzte David Gilmour Konzert für Sigge-Rocktours? Der Tourabschluss in London steht in diesem Jahr nicht bei uns im Reisekalender. Eine Fortsetzung der Tour im nächsten Jahr oder gar ein neues Album inklusive Tour in den nächsten zwei bis drei Jahren scheint unwahrscheinlich, schließlich feierte Herr Gilmour dieses Jahr bereits seinen 70. Geburtstag. Alles Gedanken, die wir während des Konzertes verdrängt hatten. Zwischenzeitlich hing dem Konzert in Wiesbaden sogar der schale Beigeschmack eines Pflichttermins an. Damals voll Freude gebucht, kurz darauf in den mächtigen Schatten unseres Pompeji Besuchs gestellt. Gab es etwas, dass dieses Erlebnis noch toppen konnte? Soll man nicht aufhören, wenn es am schönsten ist?
Egal, auf nach Wiesbaden, rauf aufs Bowling Green im Kurpark. In alter Sigge-Rocktours Tradition waren wir kurz vor 18 Uhr am Veranstaltungsort, kamen problemlos und ohne Ausweiskontrollen auf das Veranstaltungsgelände und bekamen so wenig vom Einlasschaos mit, das sich wohl später abgespielt haben muss. Bei bestem Wetter warteten wir etwas länger als üblich auf den Konzertbeginn, der aufgrund der Einlassprobleme um eine halbe Stunden verschoben wurde. Getränkeverkauf und Security wurden wohl vom Kurhaus gestellt und waren schnell mit einer solchen Veranstaltung überfordert. Wenn man, um eine Cola zu verkaufen, sich in seinem Kostümchen hinknien, die Klappe zur Kühlung öffnen, die Flasche rausnehmen, die Klappe schließen, die Flasche öffnen, den Strohhalm reinstecken, kassieren und den Pfandchip ausgeben muss, dann ist es klar, dass es nicht rund läuft bei über 12.000 Besuchern und hochsommerlichen Temperaturen. Das haben die seelenlosen, CTS-Eventim gemanagten Multifunktionsarenen deutlich besser im Griff. Dafür durften wir uns auf dieser Tour über außergewöhnliche Auftrittsorte freuen, wobei vom Charme des Bowling Greens leider wenig zu spüren war. Die Bühne verdeckte das Kurhaus, der (vordere) Brunnen war abgelassen und abgedeckt. Lediglich ein paar Gänse verteidigten Ihr Revier und sorgten für etwas Parkfeeling.
Das Konzert startete bei Sonnenlicht, die beiden Beleuchter, die sonst in ihren Recaro-Sitzen über der Bühne baumeln, hatten im ersten Set noch Pause. Der Rattle-That-Lock-Film wurde gar nicht erst gezeigt sondern durch Live-Aufnahmen der Band ersetzt.
Ebenso kam der Crystal Voyager Film bei Great Gig in The Sky nur jeweils für wenige Sekunden zum Einsatz und wurde sonst durch Aufnahmen der Band ersetzt. Die Version in Wiesbaden war übrigens deutlich besser, als die der ersten Gehversuche in Pompeji.
Schon zuvor hatten wir die Windmaschine auf der Bühne unter Hitzeschutzplanen entdeckt. Die Setlist für die Tour scheint gefunden. One Of These Days hat sich bewährte als Opener des zweiten Sets. Auch hier gab es wieder eine grandiose Version zu hören. Die übrigen Songs des Sets haben auch ausnahmslos gegenüber den Versionen der 2015er Tour gewonnen. Bei Rattle That Lock ist der SNCF Jingle nicht mehr so nervig präsent, Money profitiert von Chester Kamens Spiel und Chuck Leavell hat immer irgendein Körperteil auf seiner Hammond Orgel liegen, was beispielsweise einem Song wie Fat Old Sun extrem gut zu Gesicht steht.
Auf unseren Sitzplätzen relativ weit vorne in Block B3 war der Sound perfekt. Sorrow (inzwischen ohne die Ölprojektionen) bläst einem das durchgeschwitzte T-Shirt trocken. Run Like Hell wie immer großartige Unterhaltung, auch durch das 80ziger Keyboard-Gezwitscher von Greg Phillinganes. Nix gegen Jon Carin, aber von dem hab ich das in den letzten 27 Jahren möglicherweise schon zu oft gehört.
Comfortably Numb kam natürlich auch majestätisch daher, konnte aber nicht aus dem mächtigen Schatten der Pompeji- Version heraustreten.
Es war demnach doch keine schlechte Idee, die Reise nach Wiesbaden anzutreten. Das Konzerterlebnis war durchaus würdig um unsere gemeinsame, langjährige Konzertreise mit Herrn Gilmour abzuschließen. Wir bleiben trotzdem offen für eine spontane Fortsetzung.