Arne, Henning & Tom on Tour - Konzerttagebuch

Kategorie: Jahresrückblick

Einige tolle Alben des Jahres 2021

Wie immer: Etwas spät dran. Ein Frohes Neues Jahr und alles Gute!

  • Low – “Hey What” (Sub Pop)

Nichts für schwache Nerven: Low sind weiter auf der Suche nach verstörenden Sounds an und über der Grenze der normativen Lautsprecher-Belastbarkeit. Allerdings immer in Dienste des Songs. Immer noch betörend: der zweistimmige Gesang als harmonisches Gegenstück im Strudel wüster Loops aus Drones und Feedback.

 

  • Masha Qrella – “Woanders” (staatsakt)

Thomas Braschs Lyrik im Indie-Gewand vertont. Passt wie angegossen. Eine wunderbare Platte mit Sogwirkung. Das Gute-Nacht-Lied mit Chris Imler und der Mundharmonika – für die Ewigkeit.

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2020 Live aus der Konserve – ein anderer Jahresrückblick

Das Geschäftsjahr 2020 von SRT ist, wie viele andere Dinge auch, der Covid-19-Pandemie zum Opfer gefallen. Konzerte in Clubs, Hallen oder vollen Stadien gehörten zu den ersten abgesagten Veranstaltungen und werden wohl zu den letzten Bereichen gehören, in denen wieder Normalität einkehrt. Live-Musik musste in diesem Jahr aus der Konserve kommen. Was liegt da näher, als in diesem Jahresrückblick auf die Live-Alben des Jahres 2020 einzugehen.

Platz 5: Depeche Mode – Live SPiRiTS

Tatsächlich habe ich Depeche Mode noch nie live gesehen, obwohl ich sie immer wohlwollend auf dem Radar hatte. Master and Servant, People are People und Just Can’t Get Enough waren damals die Songs (natürlich in der 12” Maxi-Version), die auf keiner Fete (so hieß das früher) fehlen durften. Music for the Masses machte mir damals klar, dass ich größere Boxen brauche, weil es meine Kompaktanlage an seine Grenzen brachte. 101 zählte zu meinen Lieblings-Live Alben. Als ich später, ab Mitte der 90er-Jahre, intensiverer Konzertgänger wurde,  hatten Depeche Mode für mich an Bedeutung verloren.  Die Konzertfilme dieser Jahre und später auf Youtube ließen nie den Funken überspringen. Die beiden  auf Live SPiRiTS dokumentierten Konzerte in der BerlinerWaldbühne vom Juli 2018 hatte ich tatsächlich kurzfristig im Blick und einen Besuch in Erwägung gezogen.

SRT-Kollege Tom hatte bereits Tickets, musste aber krankheitsbedingt absagen. Bei mir war es terminlich eng, so verwarf in den Plan. Als ich die Setlist des 2. Abends mit Everything Counts, Heros, Never Let Me Down Again und Just Can’t Get Enough sah, ärgerte ich mich bereits, dieses Konzert verpasst zu haben. SPiRiTS in the Forest, der Mix aus Doku und Konzertschnipseln, den Depeche Modes langjähriger Begleiter Anton Corbijn zusammengeschustert hatte, riss mich wieder nicht so recht mit. Der Fluss fehlte einfach, als ich ihn eines Abends zufällig auf arte sah. Die im März erschienene CD-BluRay Variante von SPiRiTS in The Forest enthält glücklicherweise den aus beiden Abenden zusammen geschnittenen, kompletten Konzertfilm Live SPiRiTS ohne künstlerische Doku-Unterbrechungen. Dabei springt der Funke dann auch über.

Platz 4: Father John Misty – Off-Key in Hamburg

Dieses Album wäre fast an mir vorüber gegangen, hätte es Jan Böhmermann nicht in seinem Podcast Fest und Flauschig erwähnt. Es ist ein Mitschnitt des tatsächlich letzten Konzertes, welches ich vor der Pandemie gesehen habe. Der Mitschnitt ist nur digital über Bandcamp erhältlich. Ein Download als FLAC ist möglich. Ein ausführlicher Bericht über den Auftritt von Father John Misty in der Elbphilharmonie findet sich hier bei uns im Blog. Die Soundprobleme, die mir in der Halle an diesem Abend aufgefallen waren,  sind in diesem Mitschnitt glücklicherweise nicht zu hören.

Platz 3: The Rolling Stones – Steel Wheels Live (Atlantic City 1989)

Mit dem 89’er Atlantic City Konzert haben die Rolling Stones einen Schatz aus ihrem Archiv veröffentlicht. Das Konzert ist legendär, nicht nur wegen Gastauftritten von Gästen wie Axl Rose, Izzy Stradlin, Eric Clapton und John Lee Hooker. Die Steels Wheels Tour war nicht nur die letzte Tour mit Bill Whyman am Bass, sondern auch der Start in den – nennen wir es mal – zweiten großen Karriereabschnitt der Stones, nach einer etwas ruhigeren Phase in den 80’er Jahren. Seither touren sie als Legenden um die Welt. Wie Keith Richards einmal sinngemäß sagte: „Früher sind wir getourt um ein Album zu promoten, heutzutage machen wir ein Album um eine Tour zu rechtfertigen.“

Ein erstklassiges Konzert, das sowohl als Film als auch als Audioaufzeichnung enthalten ist. In der limitierten Deluxe-Ausgabe findet sich auch noch ein Videomitschnitt eines Konzerts aus Tokio und ein schöner Bildband.

Für mich ist der Konzertmitschnitt eigentlich kalter Kaffee, allerdings mit einer besonderen Bedeutung. Ich hatte mir damals (Anfang der 90’er) das legendäre Atlantic City `89 Bootleg des Swinging Pig Labels gekauft. Da mich damals die Hintergründe zu den seinerzeit  weit verbreiteten Bootlegs interessierten, rief ich den Geschäftsführer von Swinging Pig einfach an, stellte ihm ein paar Fragen und schrieb einen Artikel für unsere Schülerzeitung über das Label. Aufhänger war der Atlantic City-Mitschnitt. Der Text wurde bemerkt und landete etwas später dann auch als Beitrag  auf der Feuilleton-Seite unserer Lokalzeitung und stelle so meinen ersten bezahlten und auch in nicht unbedeutender Auflage gedruckten journalistischen Text dar.

Irgendwie hinterließ der Mitschnitt auch den Eindruck, Atlantic City sei eine schillernde, glamouröse Stadt. Als wir 10 Jahre später im Zuge unserer Roger Waters In The Flesh-Reise einen Zwischenstopp in Atlantic City einlegten, fanden wir allerdings eine bei Tageslicht wenig ansprechenden Ort vor. So sind mit dieser neuen Box viele alter Erinnerungen verbunden, die ihr einen besonderen Platz in meiner Sammlung garantieren.

Platz 2: Idiot Prayer – Nick Cave alone at Alexandra Palace

Das erste und einzige “Corona-Konzert“ in der Liste. Für das Nick Cave Konzert in Köln 2020 hatte ich Tickets. Zusammen mit dem geplanten Kraftwerk-Konzert am Vortag in Bonn wäre es ein schönes Konzertwochenende geworden. Zwischenzeitlich haben Nick Cave und die Bad Seeds ihre zuerst auf 2021 verschobene Europatour komplett abgesagt. Daher müssen wir vorerst mit Nick allein im Alexander Palace vorlieb nehmen.

Auf dem Album präsentiert er uns Solo-Versionen seiner Songs, wie er sie auf seiner „Ein Abend mit Nick Cave“ – Tour gespielt hat. Wunderbar anzuhören. Man kann das Album auch getrost am Heiligabend als Hintergrundmusik laufen lassen … man darf nur nicht all zu sehr auf die Texte hören, das würde nicht zum Anlass passen.

Platz 1: Nick Mason’s Saucerful Of Secrets – Live At The Roundhouse

„It is obvious …“ singt Syd Barrett, der für viele Songs auf diesem Live-Mitschnitt verantwortlich ist. Ist es nicht etwas einfach, dieses Album auf Platz 1 der Liste zu setzen? Nimmt man nicht besser eine völlig unbekannte Indie-Band, um zu zeigen, dass man „ganz tief drin ist im Business?“  Möglich. Ich gebe auch zu, mit mir gerungen zu haben, welcher von beiden Nicks den ersten Platz bekommt. Am Ende war der Sound ausschlaggebend. Nick Mason und seine Saucerful of Secrets haben uns 2018 und 2019 wundervolle Konzerte beschwert und sollten es auch 2020 tun. Tickets für die Münsterlandhalle und das Tempodrom waren bereits gebucht. Aktuell hoffen wir auf Nachholtermine 2021.
Bis dahin muss uns der Mitschnitt aus dem legendären (welch inflationär gebrauchtes Wort in diesem Blogbeitrag!) Roundhouse in London  genügen. Mit Tom war auch ein SRT-Abgeordneter vertreten. Werner von Pulse & Spirit war ebenfalls vor Ort. Man hoffte insgeheim auf einen Gastauftritt von David Gilmour, doch der blieb aus, was aber keiner der Anwesenden im Nachhinein als Enttäuschung empfand.

Der Mitschnitt zeigt die Band am Anfang der Europa-Tour 2019. Wer sich die Berichte auf SRT zu den Sommerkonzerten angesehen hat, weiß, dass sich die Band über  die Monate immer weiter gesteigert hat, um ihre absolute Hochform am Ende der Tour zu erreichen. Das merkt man der Spielfreude der Band an diesen beiden Abenden aber nicht an.

Vorsicht: Standardmäßig startet der Film auch ein einem dieser unsäglichen Doku-Konzert-Mixe. Glücklicherweise kann man in der Music-Only-Version auch den kompletten Konzertfilm ohne störende Unterbrechungen sehen. Um den Konzertfluss etwas zu straffen,  hat man viele der live ganz unterhaltsamen Ansagen herausgeschnitten. Dem Konzertfilm tut das definitiv gut.

Was an diesem Konzertfilm besonders gefällt, ist die ruhige Kameraführung und der brillante Sound. Besonders mit dem  5.1-Mix wird gezeigt, wie man ihn für einen Live-Mitschnitt nutzen sollte. An diesem Mix können sich viele andere Konzertfilme ein Beispiel nehmen. Hier werden wieder einmal Standards gesetzt. Daher ist der erste Platz mehr als gerechtfertigt.

Das Geschäftsjahr 2019

Fünf Lieblingsplatten in diesem Jahr:

Mit Inferno fügte Robert Forster in diesem Jahr seinem famosen Spätwerk ein weiteres, kunstvolles Kapitel hinzu. Mit lakonischem Witz und trockener Lässigkeit erzählt er auf den Punkt und schnörkellos. Ein netter Lou Reed – wenn es so jemanden überhaupt geben kann. Ein Lied für die Ewigkeit ist auch noch dabei: One Bird in the Sky.

  • Die Heiterkeit – Was passiert ist

Nach dem großartig-spröden Doppelalbum Pop und Tod I + II kehrt die Heiterkeit mit einer farbigeren Palette zurück – die Lieder kommen breiter instrumentiert und beschwingter daher. Die Stimmung: Heiter bis wolkig im Kontra-Alt – am Ende bleibt aber: “der Himmel ist jetzt ein Aschehaufen“.

  • Purple Mountains – Purple Mountains

Zehn Songs über die Düsternis in dir – groovig, süffig, bissig,  klar, bitter. Witzig und ergreifend wie nur was. Perfekte Popmusik.

  • Andrew Bird – My Finest Work Yet

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