All I Need
Ursprünglich wollten wir Air in Amsterdam sehen. Die Webseite des Paradiso brach beim Vorverkaufsstart allerdings zusammen. Auch für die Rückfalloption Berlin waren die Karten in wenigen Minuten schnell vergriffen. Keine Chance. Dann bemerkten wir auf der Seite des lokalen Veranstalters, dass weitere Termine nachgeschoben wurden. So buchten wir schnell Tickets für den zweiten Tag, noch bevor dieses (Zusatz-)Konzert offiziell von Air verkündet wurde.
Air Konzerte sind selten. Nur etwas mehr als 400 Konzerte listet setlist.fm seit der Bandgründung 1998 auf. Wir hatten das Glück, 2017 Air zusammen mit Kraftwerk zum Auftakt der Tour de France in Düsseldorf erleben zu dürfen. Sie nutzten dabei die mächtige PA von Kraftwerk, was die inneren Organe erbeben ließ. So basslastig war es an diesem Abend im Theater des Westens dann (leider) nicht.
Trotzdem: Das Theater des Westens war ein wunderbarer Ort, um das französische Duo, ergänzt um einen Schlagzeuger, mal wieder live zu sehen.
Das Debut-Album Moon Safari – von vielen als das beste Chill-Out Album bezeichnet – von Jean-Benoît Dunckel und Nicolas Godin ist nun auch über 25 Jahren alt. Da kann man schon mal eine Jubiläumstour veranstalten, um das Album komplett zu spielen.
Zuerst müssen wir als Vorprogramm aber noch Djane Izzy Lindqwister ertragen. Was sie für den Job als Support-Act qualifiziert hat, blieb uns schleierhaft.
Livin‘ in a box
Beim betreten des Theatersaals strahlt eine Bastion von LED-Bars im 45 Grad Winkel weißes Licht vom Bühnenboden nach oben. Zusammen mit den Schwaden von Bühnennebel ergibt sich ein optischer Sichtschutz auf die eigentliche Bühne, die dann später zu einer wahren Überraschung wird. Unverständlicherweise wird das Licht nach dem DJ-Set abgestellt und ein möglicher grandioser Überraschungseffekt zum Showstart wird leichtfertig vergeben.
Stattdessen sieht man Bühnentechniker beim Stimmen der Instrumente in der umwerfenden Bühnenkonstruktion. Die besteht auf dieser Tour aus einer etwa drei Meter hohen und 12 Meter breiten Box, die natürlich in klinischem Weiß gehalten ist, wie auch später das Outfit der Band.
Die Decke der Box ist verspiegelt. Die Rück- und Seitenwände bestehen aus hochauflösenden LED-Paneelen. Hinter den halbtransparenten LED-Paneelen sind Scheinwerfer angebracht, die für erstklassige Lichteffekte in der Bühnenbox sorgen.
Dieser Schuhkarton steht auf den ersten Blick etwas verloren auf dem Boden des doch recht hohen Bühnenraums des Theater des Westens. Der Luftraum über der Box wird nur selten von Scheinwerfern hinter der Box mit einbezogen, so fokussiert man sich als Zuschauer vollständig auf die Band in der Box. Ein optisches Kondensat.
Durch die LED-Wände verwandelte sich der Hintergrund in Spielvarianten des Moon-Safari-Plattencovers, in einen Negativfilm, in die Ästhetik eines 70er Jahre Fernsehstudios in dem eine Band ihre neue Single präsentiert oder in die Brücke eines Raumschiffs. Teilweise wurde man an Kraftwerks Spacelab erinnert.
Bei dieser Bühne hat sich jemand richtig Gedanken gemacht. Das Ergebnis überzeugte uns vollkommen.
Playground Love
Das Konzert beginnt mit dem Moon Safari Album, das komplett in der originalen Reihenfolge gespielt wird. Dann folgt eine Auswahl an Best-of Stücken. Für mich unerwartet und damit umso erfreulicher mit dabei auch Highschool Lover. Der Song kompensierte für mich das Fehlen von Alpha, Beta Gaga.
Der Gesang war nur spärlich im Set verteilt. Viele Instrumentalstücke dominierten die Setlist. Wenn es Gesang gab, dann wurde dieser vorher durch verschiede Vocoder geschickt.
Wieder eine Konzertreise die sich gelohnt hat. Im Sommer kehren Air nochmal zurück nach Berlin. Da steht die Box dann in der Zitadelle. Ob das so schön wird wie im Theater des Westens, mag ich gerade etwas bezweifeln, daher plane ich keinen Open Air Besuch. Wer Air im Theater des Westens verpasst hat, sollte den Termin allerdings wahrnehmen.
Dummy
Nicolas Godin erzählt in Interviews gerne, dass das Portishead Album Dummy nicht nur eine große Inspiration für ihn war, sondern ihm auch gezeigt hat, dass man mit langsamer Musik erfolgreich sein kein. Mit diesem neuen Selbstbewusstsein konnte er dann Air gründen. Wie passend, dass wir demnächst einen Termin mit Beth Gibbons in Berlin haben.
Setlist
Moon Safari
- La femme d’argent
- Sexy Boy
- All I Need
- Kelly Watch the Stars
- Talisman
- Remember
- You Make It Easy
- Ce matin‐là
- New Star in the Sky (Chanson pour Solal)
- Le voyage de Pénélope
Best Of
- Radian
- Venus
- Cherry Blossom Girl
- Run
- Highschool Lover
- Surfing on a Rocket
- Don’t Be Light
Encore:
- Alone in Kyoto
- Electronic Performers
