Wie war das Konzertjahr 2015?
Das fragt sich die geneigte Leserschaft des Sigge-Rocktours Blog und wartet sicher schon gespannt auf den Jahresrückblick der 3 Protagonisten. Ich mach dann mal den Anfang.
Auch in diesem Jahr eine kleine Neuerung. Ich habe eine überschaubare Fotostrecke mit ein paar Momentaufnahmen des Konzertjahres am Ende des Rückblicks eingefügt sowie meine Konzert- Spotify-Playlist 2015 der Künstler erstellt, die ich in diesem Jahr live sehen konnte. Viel Freude damit!
Auf geht’s!
Wie schon in den vergangenen Jahren, hat sich der Rocktours Express auch in diesem Jahr wieder beständig durch die kleinen und schmutzigen Musikclubs, die schönen Säle und gefüllten Hallen dieser Stadt gehört und viele neue und interessante Musikveranstaltungen besucht und unvergessene Eindrücke mitnehmen können.
Was mir beim jährlichen „Dezemberwälzen“ von Listen, Tickets, Fotos und der Musik deutlich wurde, ist die Tatsache, dass es auch ein Jahr der Musikerinnen und Frauenbands war. Spannende Musik vieler Genres die unterschiedlicher nicht sein können.
- Deradoorian die wunderbare Multiinstrumentalistin im Monarch,
- Chinawoman ( Nico lebt!), die großartige kanadisch-russische Seele im Bi Nuu ,
- Natalie Prass im Privatclub,
- Courtney Barnett, die australische Indie Rockerin im Heimathafen Neukölln,
- die „Riot Grrrls“ von Sleater Kinney im Huxleys,
- Pins, die Indie Rockerinnen aus Manchester im Huxleys,
- Jessica Pratt die „freakig-folkige“ Singer-Songwriterin im Grünen Salon,
- Savages in der Berghain Kantine, die fantastischen “Post-Punks”
- Chelsea Wolfe im SO 36, die Göttin des „Drone-Metal-Art-Folk”
- Noveller im Loophole, die experimentelle Soundscape- Gitarristin
- Ex Hex, die Rock Band im Magnet,
- The Mynabirds, die Indie Pop Musikerin auf dem Escobar Sun Deck,
- Gurr auf dem TSF 15 und im Bang Bang Club, die Berliner Garage Rock Girls und
- Waxahatchee im Grünen Salon, die amerikanische Singer-Songwriterin
Toll war auch, wie all die 4 Jahre zuvor schon, “mein” Torstrassenfestival (TSF 15) wo die groovigen Pollyester ein „heißes“ Konzert im Bassy Club gaben und mich Isolation Berlin, Klaus Johann Grobe, Gurr, Warm Graves, Mother of the Unicorn restlos überzeugen konnten. Ich freu mich auf 2016 und Dank an die engagierten Organisatoren!
Und sonst? Was war noch erwähnenswert?
Das 1. Lollapalooza auf dem Flughafen Tempelhof fand ich gelungen, Interpol in der Columbiahalle druckvoll , Kraftwerk in der Neuen Nationalgalerie unvergessen, David Gilmour in London verlässlich gut, Jaako Eino Kalevi im Lido toll und ein Künstler, dessen Namen man sich unbedingt merken sollte, Beach House im Huxleys wiedererwartend gut wenngleich nicht ganz so einnehmend wir vor Jahren, Lilacs & Champagne im Roten Salon waren sehr interessant, Tess Parks & Anton Newcombe im Magnet mit dem typischen Brian Jonestown Massacre Sound wenngleich mit zunehmender Dauer mir die Stimme von Tess Parks zu eintönig erscheint, die großartigen The School mit Ihrem sehr schönen und empfehlenswertem Indie Pop aus Wales, die „crazy“ Pond auf Australien auf dem Lollapalooza die am Nachmittag einen umjubelten Auftritt gaben, die wunderbaren Kölner Lingby und Ihrem interessanten Indie Pop „angereichert“ mit verschiedenen Blasinstrumenten und die Album Debütanten New Desert Blues und ihrem „atmosphärischen Indie Rock“ die im Badehaus Szimpla vor einer Handvoll Besucher einen sehr guten Auftritt gaben.
Meine 25 Platzierungen sind in diesem Jahr wie folgt:
25. Kraftwerk, Neue Nationalgalerie
24. Noveller, Loophole
Immer wieder fantastisch was Sarah Lipstate (Noveller) aus ihrer Gitarre, Ihren Effektgeräten und Loops zaubert. Ihr aktuelles Album „Fantastic Planet“ kann ich nur jedem empfehlen. Hören. Sehen.
23. Woods, Bi Nuu
Immer wieder gern!
Wie sagte A. Borcholte im Januar bei SpOn: „Merken Sie sich den Namen dieser Frau. Und vor allem: Hören Sie diese Platte“. Dem kann ich mich nur anschließen.
21. Death and Vanilla, Acud Macht Neu
Eine der Platten in diesem Jahr und fabelhafte, nie langweilige 60 Minuten im Acud Macht Neu. Hoffe bald wieder. Was ein Vibraphone für tolle Klänge zaubern kann, wurde mir dort erneut bewusst.
18. Motorama, Magnet
17. Unknown Mortal Orchestra, Berghain Kantine und Lido
Ich kam mit Ihrem Album erst nicht so recht klar, doch ich habe nicht locker gelassen. Dann kam der Auftritt in der Berghain Kantine und alles änderte sich schlagartig. Was für ein Meisterwerk ihre 2015 Platte „Multi Love“ doch ist. Der Besuch im Lido war somit „unausweichlich“. Live eine Wucht. Hören. Sehen.
15. Tutti-Frutti Fest, Berghain Kantine mit Fenster, Forever Pavot, Klaus Johann Grobe
Psyched Out!
Ein in sich absolut „stimmiges“ Line Up zum 1. Tutti Frutti Fest. Liebevoll gestaltete Bühne, tolles Publikum, sehr gut organisiert und einen Zauberer in den Umbaupausen gab es auch! Herrlich. Ein gelungener Abend. Bin gespannt auf 2016!
Voll drauf. Ohne abzuwarten. No Mercy! Jenny, Gemma, Ayse, Fay! Super Album Release Gig!
13. Bohren und der Club of Gore, Volksbühne
Perfekter Ort! Der Club of Gore in Höchstform. Und: die Sitze waren bequem.
12. Low, Lido
Jedes Low Konzert ist außergewöhnlich und auch in diesem Jahr, mit Ihrem überragenden neuen Album im Gepäck, waren sie fabelhaft.
11. The Monochrome Set, Monarch, 6.und 7. Mai
Bester New Wave Sound im kleinen Monarch am Kotti von der Band aus London.
10. Kraftwerk, Paradiso Amsterdam
09. Tame Impala, Flughafen Tempelhof, 1. Lollapalooza
Sie kamen als Headliner der Alternative Stage aufs Lollapalooza und spielten großartig gegen den “rüberschwappenden” Sound von Muse auf der Hauptbühne an und lieferten eine Show der psychedelischen Extraklasse ab. Die Menge war begeistert. Ich auch. Let it happen!
08. Lambchop, Heimathafen Neukölln
Ein Lambchop Konzert ist immer unter den Top 10
05. David Gilmour, Arena Oberhausen
Reihe 2. Direkt im Bann der Fender und der Screen. Hinter dem journalistischen Giganten Alexander Gorkow sitzend, der den Abend im Sz-plus Magazin so unvergleichlich eingefangen hat. „Wenn das Leben wütet“. Genau!
04. Fuzz, Bi Nuu
Ty Segall, der musikalische Kreativkopf und Multiinstrumentalist aus Kalifornien, der mit seinen noch nicht mal 30 Jahren bereits 9 Soloalben veröffentlicht hat und noch in etlichen Nebenprojekten spielt, kam mit seiner Band Fuzz zum ersten und einzigen Deutschlandkonzert nach Berlin. Das 2. Album II stand zur Veröffentlichung an und das ausverkaufte Bi Nuu am Schlesischen Tor schien nach dem Konzert samt U-Bahn Station einsturzgefährdet. Die 3 Musiker verwandelten den Club mit Ihren schweren Hard Rock Riffs (Black Sabbath, u.a.) und dem peitschenden, kräftigen Drum (Snare-) Sound (Ty Segall bei Fuzz am Kit) in ein schweißtreibendes, lautes, enges, springendes Knäuel Rockwahnsinniger, dass ich so im Bi Nuu noch nicht erlebt habe. Meinen „Stammplatz“ hatte ich zur Mitte des ersten Songs an die „Wahnsinnigen“ „abtreten“ müssen und fand mich wie nach einem Waschgang in einer Autowaschanlage (die runden großen Bürsten) in Mischpultnähe wieder. Fantastischer Abend! Eine Wahnsinnskapelle, tolle 2 Alben bisher!
Berlin grüßt Philadelphia! Hören. Sehen. Staunen? Oder nur wundern?
03. Kevin Morby, Antje Oeklesund
Ein unvergessner Abend im Antje Oeklesund
02. Chelsea Wolfe, SO 36
Ich hatte Glück. Mit der aktuellen Platte „Abyss“, die schwer, düster und pechwarz daherkommt, kam ich nicht in Gänze zurecht. Ganz schön viel des”Guten”. Live wollte ich Chelsea Wolfe aber schon sehen, doch ein Ticket hatte ich zunächst nicht. Nachdem mich das Album jedoch mehr und mehr „verschlang“, war das Lido schon ausverkauft doch die Nachfrage schien so groß zu sein, dass die Veranstalter das Konzert rasch ins SO36 hochverlegten. Zack!
Die Wall of Sounds im Esso mit den schweren Gitarren, fetten Bässen, wabernden Keyboardflächen und Samples war unglaublich druckvoll und punktgenau. Es klirrte, es knarzte, es fiepte, es plukkerte. Chelsea Wolfe am Mikro und mit Gitarre, mal zart hauchend, mal kräftig und fordernd, führte das Berliner Publikum zusammen mit Ihrer Band geradezu an den oberen Rand des „musikalischen Steilhangs“, um dann mit brachialen, jedoch nie stumpfen Soundausbrüchen, gemeinsam sanft hinabzugleiten. Den Wind im Gesicht und den „Abgrund“ vor Augen richtet man sich dann, fühlbar lebendig und gereinigt, am Fuß des Hangs wieder auf und der Blick ging lächelnd nach oben und man erwartet den nächsten Song. Was für Abend. Unvergessen. Hören. Sehen. Abtauchen.
Platz 1 und Konzert des Jahres: Blur, Circus Halli Galli, Berliner Union Film Studios
“Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut”. Das sagte der berühmte Henri Cartier- Bresson, einer der Gründer der bekannten Magnum Fotoagentur. So zumindest geht es mir mit meinem Handy Schnappschuss und es spiegelt genau das wieder was ich erlebt habe.
Warner Music hatte zur VÖ des aktuellen Longplayers „The Magic Whip“, ihrem ersten nach 12 Jahren Albumpause, ein Konzert angesetzt, für das man sich ausschließlich per E-Mail bewerben konnte. Das zähe Warten begann und als mich alle Hoffnung bereits verlassen wollte, ploppte wie aus dem Nichts eine E-Mail in meinem Handy auf. Glückwunsch!
Zusammen mit Henning konnte ich ziemlich glücklich mein Bändchen in der Oberlandstrasse in Empfang nehmen und mit weiteren ca. 150-200 glücklichen Fans wurden wir, nach etlicher Wartezeit bei hochsommerlichen Temperaturen, in das TV Studio geführt, wo sonst Joko und Klaas mit dem Circus Halli Galli ihr Unwesen treiben.Blur spielen üblicherweise vor weitaus größerem Publikum (z.B. Hyde Park vor 50.000) und solche Club Gigs sind, wie sollte es anders sein, natürlich immer etwas Besonderes. Der Rest ist schnell erzählt.
Es war nicht einer dieser „wir-spielen-mal-vier-songs-und-hauen-dann-ab“ Promogigs, sondern ein fulminantes 70min „Brett“, was wir dort hautnah erleben durften. Blur präsentierte ihr hochgelobtes und für mich beste Album des Jahres 2015 in fast kompletter Länge. Dazu 2 Zugaben. Atemberaubend. Tosender Applaus!
Damon Albarn, wie schon 2014 im Astra, sehr präsent, voller Adrenalin, mitreißend, leidenschaftlich, besessen und auch immer mit dem Publikum in Kontakt, witzig, charmant, flachsend und Nähe gebend. Ein grandioser Frontmann und Musiker. Sein “Pedant”, Graham Coxon an der Gitarre, zurückhaltender, konzentriert, der musikalische „Direktor“, der, der „The Magic Whip“ zu einem Ganzen zusammengefügt hat.
Und Fans, die von solch einem Abend noch lange erzählen werden. Ganz nah und voller Eindrücke.
Thought I Was A Spaceman!
Bis zum nächsten Rückblick!
Toms- 2015 Spotify-Konzert-Playlist:
Konzerte, die es in diesem Jahr nicht ganz auf die vorderen Plätze geschafft haben.:
Royal Blood im Bi Nuu, Lower Dens im Bi Nuu, Element of Crime im Tempodrom, Van Morrison in der Zitagelle Spandau, Asaf Avidan im Kesselhaus, Godspeed You! Black Emperor im Huxlyes, Hanni El Khatib im Frannz, Moon Duo im SO 36, Twerps in der Berghain Kantine, Best Coast im Bang Bang Club, White Fence im Bi Nuu, The KVB im Comet, Kraftwerk in Leipzig, Lola Marsh im Comet, Ultimate Painting im Acud Macht Neu, Mono im Heimtahafen Neukölln, Ryley Walker im Privatclub, Seeed (cool), Beatsteaks (Berlin!), Dawes, My Morning Jacket, Stereophonics (furchtbar) alle auf dem Lollapalooza.