Kraftwerk bringen „Geräusche des Alltags“ an das Wiener Burgtheater.
Sigge-Rocktours hatte sich diesmal, nachdem wir im Januar 2013 bereits die Mensch-Maschine und Computerwelt in Düsseldorf sehen konnten (wir berichteten), für Trans Europa Express und Radio-Aktivität entschieden, ihren Alben (in Katalogzählweise) 2 und 3.
Wir hatten geplant, 3 Tage Wien zu verweilen, da wir solche Konzert-Kurztrips auch immer dazu nutzen, die Stadt und deren kulturellen Möglichkeiten ein wenig näher kennenzulernen.
Ich war 1996 letztmalig in Wien, als ich mich mit Werner- der die größte deutschsprachige Pink Floyd Fanseite betreibt- und anderen Floyd Fans, zur Promotion von Rick Wrights Solo Album Broken China traf, zu der auch Rick persönlich angereist war.
Meine Erinnerungen an die Stadt (nicht an das Treffen mit Rick) waren verblasst, zumal ich damals auch nur für einen Tag geblieben bin.
Als ich in Wien eintraf, begann es sehr stark zu Regnen und sollte in den kommenden 3 Tagen, mit nur kurzen Unterbrechungen, auch nicht aufhören. Es herrschten herbstliche Temperaturen. Mitten im Mai. Keine guten Rahmenbedingungen für den Kurztrip in die österreichische Hauptstadt. Wir machten natürlich das Beste draus und trotzten dem Wetter und haben viel Sehenswertes besichtigen können (z.B. die Ausstellung des (frühen) Fotografen Stanley Kubrick, Stephansdom, Parlament, Museum Quartier, u.v.m) wohltuend ergänzt, durch die wunderbare Wiener Kaffeehauskultur. Wien ist immer eine Reise wert und ich hoffe, dass keine weiteren 18 Jahre vergehen werden, bis ich dorthin zurückkehre, gern auch mal ohne musikalische Untermalung. Jedoch bei besserem Wetter, bitt´schön!
Wir hatten im Vorfeld der Kraftwerk-Veranstaltung die Information, dass es für jeden Abend noch preiswerte Stehplatzkarten für die Konzerte geben sollte. An den jeweiligen Konzerttagen wurden immer 2 Auftritte absolviert, nämlich um 19 Uhr und 22 Uhr, je ein Album+ Best of.
Wir versuchten unser Glück und konnten für den Katalogabend 1 und 4 (Autobahn, 19 Uhr und Mensch-Maschine, 22 Uhr) für freundliche 10 Euro noch Tickets ergattern. Aus 2 mach 4. Die Freude war groß.
In Wien waren wir auch mit Werner verabredet und freuten uns auf das gemeinsame Treffen. Wie es der Zufall so will, hat Werner einen Freund David, der am ersten Tag der Konzertreihe, dem 15. Mai 2014 um 24 Uhr, ein Interview mit Ralf Hütter für das Ö1 Programm führen durfte. Erfreulicherweise konnten wir nach dem Autobahn Konzert, welches gegen 21 Uhr zu Ende war, uns kurz mit David treffen und gaben Ihm unsere Autobahn-Hüllen der 3D Brillen und mein Autobahn Ticket verbunden mit der Bitte, sofern möglich, diese doch signieren zu lassen. Wir wünschten David zwinkernd viel Glück und begaben uns zurück in das ehrwürdige Rund des Wiener Burgtheaters, um uns das 2. Konzert Radio-Aktivität anzuschauen.
Gegen 1 Uhr nachts erhielt ich eine SMS von David „Ich hab´s, wir sehen uns morgen“ und musste schmunzeln und dachte noch „muss wohl gut gelaufen sein“. Ich sollte Recht behalten.
Am kommenden Tag, dem 16. Mai, verabredeten wir uns mit Werner und Michael, auch einem Floyd und Kraftwerk-Fan und verbrachten bei dem einen und anderen Kaltgetränk eine schöne Zeit wo viele Themen rund um die Welt, die Musik und natürlich Pink Floyd intensiv besprochen wurden. David stieß später hinzu und im Georgina löcherten Ihn mit unseren Fragen zu dem Interview. Es war großartig was David zu berichten wusste und wir konnten Interessantes erfahren. Die Autogramme auf unseren Kraftwerk Memorablia sahen außergewöhnlich exakt platziert aus und David erklärte uns, dass Ralf Hütter diese ganz bewusst darauf gesetzt hatte. Die Ästhetik immer im Blick. Toll! Legendär wird womöglich auch sein Satz dazu bleiben:
„Über die Autobahn ins Weiß“
Den gesamten Ö1-Bericht mit Interviewauszügen kann man hier hören.
Vielen Dank David.
Katalogabend 1: Autobahn
Autobahn zählt nicht zu meinen Kraftwerk-Favoriten und doch war ich im Nachhinein hocherfreut, auch diese Aufführung gesehen zu haben. Die Live Präsentation finde ich ungleich eindringlicher und interessanter als „nur“ das Album zu hören. Das mag sicher auch an den 3D Animationen liegen. Besonders beeindruckt war ich von der Kometenmelodie 2 und vom Nachtspaziergang. Wir hörten, wie auch in Düsseldorf, Autobahn in kompletter Länge was an den 3 weiteren Abenden bereits gekürzt war.
Gelungen und in sich schlüssig finde ich auch, dass sie nicht mit Roboter die Albumshow eröffnen (wie noch in Düsseldorf) sondern mit dem sondern direkt mit dem jeweiligen Katalog-Album am Stück.
Der zweite Teil bot all die bekannten Klassiker, wobei Metropolis an diesem Abend deutlich abfiel und mir nicht so präsent vorkam wie bei vergangenen Shows.
Katalogabend 2: Radio-Aktivität
Radio-Aktivität ist das erste Album, welches vom klassischen Line-up eingespielt wurde: Ralf, Karl, Wolfgang und Florian. Auf dem Album sind für mein Empfinden nicht so viele einprägsame Songs wie auf allen anderen Alben. Sicher, Radioaktivität , Ätherwellen, Antenne und Radioland gehören zu den Stücken, die ich recht gut finde (klar Radioaktivität als Klassiker ohnehin), die restlichen Kompositionen sind sehr experimentell, angereichert mit Samples, Effekten, Bekanntem aus Funk und Fernsehen, Nachrichtenpassagen aus dem Radio, usw. Untersetzt werden diese „Geräusche des Alltages“ durch Animationen auf der Leinwand, was sehr beeindruckend ist.
Das gesamte Album live zu hören war für mich etwas besonderes, da es viele Stücke enthält, die kaum oder gar nicht live gespielt werden.
Das folgende Best of dieses Abends, war leider das schwächste der 4 Sets in den 2 Tagen und kam ein wenig müde daher, was u.a. sich auch in einigen Passagen des Sets bemerkbar machte, die nicht synchron waren und/oder die Abstimmung Audio/Video nicht ganz passte. Jammern auf hohem Niveau, natürlich. Der Computerwelt-Zyklus war wie immer sehr gut, wobei das Intro zu Computerliebe anders war, als bei vergangenen Shows. Im übrigen die erste Live-Show die ich ohne (das etwas überspielte) Das Modell erlebte. Auch schön.
Katalogabend 3: Trans Europa Express
Auf diesen Abend habe ich mich ganz besonders gefreut, da das TEE Album zu meinen Lieblingsalben zählt und sich deutlich vom Vorgängeralbum unterscheidet. Hits an Hits. Sehr eingängige Melodien ergänzt mit Geräuschen und Samples. (Toll wenn z.B. am Ende von TEE das Quietschen und Puffen das Anhalten eines Zuges im Bahnhof andeutet oder wo das Glas beim Schaufensterpuppen zersplittert, uvm.). Europa Endlos, Spiegelsaal, Schaufensterpuppen- Songs die nicht immer (oder gar nicht) zum Live-Set der Band gehören. Schaufensterpuppen, der heimliche Höhepunkt des Sets, mit großartig animierten Filmen, der ambient- Spiegelsaal mit seinen „Schtars“ und Europa Endlos wo Ralf Hütter zu einer schönen Melodie („Wirklichkeit und Postkarten Bilder-Europa Endlos, Eleganz und Dekadenz-Europa Endlos“) singt,alles Höhepunkte dieses Albumsets. Inzwischen finde ich auch die animierten Zugfilmsequenzen bei Trans Europa Express sehr gut (ich hatte 2013 im Vergleich zu den Original Filmen 2004 diese noch nicht als so gelungen empfunden) und diese, oft zu sehenden überschnittenen Bilder der Schienen, die die Zugfahrt andeuten, wirken auf mich immer wie Uhrenpendel. Reise. Zeit. Reisezeit. Toll.
Der folgende Best of Teil war der anders gestaltet als sonst bei den vergangenen Aufführungen die wir live gesehen haben. Wir waren überrascht.
Das fing zunächst damit an, dass sie nach dem verkürzten Song Autobahn mit einem kleinen Radio-Aktivität „Spezial“ fortfuhren. Ätherwellen setzte ein und nach gut 5 min schlossen sich Sendepause und Nachrichten an. („hier ist der Westdeutsche Rundfunk“) welches gelungen in Radioaktivität mündete und diesen Teil abschloss. Sehr gut! Es wurden auch lediglich 2 Songs von der Mensch Maschine gespielt (Die Roboter und Mensch Maschine) und somit konnte auch der Tour de France Teil auf gut 15min ausgedehnt werden und es wurden Etape 1+2 in kompletter Länge gespielt. Das gefiel mir außerordentlich und ich hoffe, die Aufführung dieses kompletten Albums im Rahmen der Katalogserie noch mal sehen zu können.
Der Abend endete mit bekannten Songs Boing Boom Tschak/Techno Pop/Musique Non Stop. Bestes Konzert der 1,2,3,4 Serie Wien!
Katalogabend 4: Mensch Maschine
Dieses Abschlußkonzert unser Konzertreise bescherte uns nochmal die Mensch- Maschine. Natürlich wirkte das auf mich ein wenig „überspielt“ (zu oft gehört) jedoch schön war es, Neonlicht zu hören und Metropolis war deutlich verbessert als am Abend zuvor. Die Animationen von Die Roboter sind immer wieder toll anzusehen und ein Höhepunkt jeder Aufführung. Der Standpunkt im oberen Rang des Burgtheaters liefert uns interessante Einblicke in die Live- Regie der 4 Musikarbeiter. Der Best of Set lieferte keine besonderen Überraschungen.
Ungewöhnlich an diesem Abend war jedoch, dass sie nach Musique Non Stop erneut auf die Bühne kamen und mit Aerodynamik und Planet der Visionen das Konzert beendeten.
Reprise
Die 4 Konzerte die wir sahen, haben wir auch von 4 unterschiedlichen Perspektiven betrachten können, was sehr erfreulich war und uns unterschiedliche Einblicke gewährte. Dazu noch an einem so außergewöhnlichen Ort wie dem Wiener Burgtheater ist zusätzlich noch etwas besonderes. Wir konnten ebenso einige bisher nicht live gehörte Stücke des gesamten Kraftwerk Ouevre sehen und trafen gute alte Freunde, mit denen wir seit über 20 Jahren verbunden sind. Rundum, eine großartige Zeit. Da kann es noch soviel Regnen wie es will.
Zur späten Stunde am letzten Abend in Wien trafen wir dann noch Christoph, Markus und Frank vom Konzerttagebuch und Pretty Paracetamol und hingen noch ein Weile in der Lounge des Motel One ab und quatschten auch über die schönste Nebensache der Welt: Konzerte!
„Es muss immer weiter gehen, Musik als Träger von Ideen“
Zur DYNAMISIERUNG (R.H.) der Prozesse: